Wednesday, June 17, 2009

Studenten-Proteste in Deutschland: Ausschreitungen beim Bildungsstreik

Studenten-Proteste in Deutschland: Ausschreitungen beim Bildungsstreik

Hochschul-politischer Sprecher hat Verständnis für Schüler und Studenten - „Studenten und Schüler sollten ihre Ziele nicht durch gewalttätige Übergriffe gefährden“ - Kritik am Bildungs- und Hochschul-System ist berechtigt


Von Andreas Klamm

Berlin. 18. Juni 2009. Nach Angaben der Veranstalter befinden sich in dieser Woche (15. bis 19. Juni 2009) bis zu 100.000 Studenten und Schüler in ganz Deutschland im Bildungs-Streik.

Am 17. Juni 2009, dem Tag der früher als „Tag der deutschen Einheit“ gefeiert wurde, soll es in mehreren Bundesländern zu gewalttätigen Ausschreitungen im Rahmen des Bildungs-Streiks gekommen sein. Der hochschul-politsche Sprecher der FDP-Bundestags-Fraktion, Uwe Barth kritisierte die Übergriffe der Gewalt: „Die FDP hatte das grundsätzliche Bestreben des Bildungs-Streiks, eine Verbesserung der Rahmen--Bedingungen an Schulen und Hochschulen herbeizuführen, begrüßt. Viele der Kritik-Punkte geraten aber durch Gewalt in Misskredit. Niemand kann erwarten, dass er als ernsthafter Gesprächs-Partner in Betracht kommt, wenn er zu Mitteln wie Hausfriedensbruch oder Sachbeschädigung greift. Kritik am Bildungs- oder Hochschulsystem ist berechtigt und legitim. Schüler und Studierende erreichen ihr Ziel aber nicht, wenn der Bildungsstreik durch anarchistische Gewalt missbraucht wird.“


In mehreren Städten kam es am 17. Juni bei Demonstrationen von Schülern, Studenten und Menschen in Deutschland zu Zwischenfällen. In Mainz wurde das Abgeordnetenhaus des rheinland-pfälzischen Landtags gestürmt und erhebliche Schäden angerichtet. Dabei wurde auch eine Ausstellung zur Wende in der DDR beschädigt.

Das könne keiner rechtfertigen und kein Mensch könne dafür Verständnis haben, kritisierte der FDP-Politiker.

Die pauschale Kritik an der Aktions-Woche durch Bundesbildungs-Ministerin Annette Schavan ist allerdings wenig hilfreich.

Uwe Barth ergänzte: „Ich habe Verständnis, dass junge Menschen für bessere Bildung eintreten, auch wenn ich zahlreiche Forderungen des Bildungsstreiks nicht unterstütze. Ich erwarte im Gegenzug aber auch von den Organisatoren, sich sehr kritisch mit der Durchführung der Aktionswoche auseinander zusetzen. Die Liste der unterstützenden Organisationen ist nämlich lang und zum Teil erschreckend. Ich bin mir sicher, dass zahlreiche Ausschreitungen von gewaltbereiten Organisationen gewollt waren. Damit läuft das eigentliche Ziel der Aktionswoche völlig ins Leere. Die Organisatoren müssen sich dies vorhalten lassen.“

Die Schüler und Studenten beklagen: „Die derzeitigen Zustände und Entwicklungen im Bildungssystem sind nicht weiter hinnehmbar! Weltweit sind Umstrukturierungen aller Lebensbereiche nicht mehr Gemeinwohl-orientiert, sondern den so genannten Gesetzen des Marktes unterworfen. Seit ein paar Jahren ist auch das Bildungs-System in den Fokus solcher “Reformen” geraten: Bildungs-Gebühren und die Privatisierung treffen uns alle!

Die Finanz- und Wirtschaftskrise zeigt deutlich, dass die Auswirkungen wettbewerbsorientierter Entscheidungs-Kriterien verheerend sind. In vielen Ländern protestieren Menschen dagegen, so beispielsweise. in Mexiko, Spanien, Italien, Frankreich und Griechenland. In diesem internationalen Zusammenhang steht der Bildungsstreik 2009.“

Der anhaltende Protest gegen Studien-Gebühren und Sozial-Abbau in den letzten Jahren habe bei den Verantwortlichen in Medien, Wirtschaft und Politik zu wenig Wirkung gezeigt. Deswegen riefen die Studenten in Deutschland dazu auf, demokratischen Rechte in Form eines bundesweiten Bildungs-Streiks wahrzunehmen.

Im Bildungs-Streik werden pluralistische Aktionsformen, gemeint sind Demonstrationen, Blockaden, Besetzungen stattfinden. Während einer bundesweiten Aktionswoche vom 15. Juni bis 19. Juni 2009 werden die Schülerinnen und Schülern im gesamten Bundesgebiet demonstrieren.

Die Schüler und Studenten suchen das Bündnis mit vielen gesellschaftlichen Gruppen, wie Gewerkschaften und sozialen Bewegungen, die ausdrücklich eingeladen sind, im Bildungs-Streik zu protestieren, denn man sei überall mit der gleichen Politik konfrontiert: An der Hochschule, in den Schulen und im Betrieb.
Ziel des Bildungsstreiks ist es, eine Diskussion zur Zukunft des Bildungs-Systems anzuregen. Des weiteren sollen Möglichkeiten einer fortschrittlichen und emanzipatorischen Bildungs- und Gesellschaft-Politk aufgezeigt und durchgesetzt werden. Dem Einfluss der maßgeblichen politischen und ökonomischen Interessen im Bildungsbereich wollen die Schüler und Studenten Alternativen entgegen setzen.

Die Schüler und Studenten setzen sich unter anderem für folgende Ziele ein: Selbstbestimmtes Lernen und Leben statt starrem Zeitrahmen, Leistungsdruck und Konkurrenzdruck.

Einen freier Bildungszugang und Abschaffung von sämtlichen Bildungs-Gebühren wie Studien-Gebühren, Ausbildungs-Gebühren und Kita-Gebühren, die öffentliche Finanzierung des Bildungssystems ohne Einflussnahme der Wirtschaft unter anderem auf Lehrinhalte, Studien-Strukturen und Stellenvergabe und Demokratisierung und Stärkung der Mit- und Selbstverwaltung in allen Bildungseinrichtungen.

Schüler und Studenten beklagen zudem die massiven und Gewalt-erfüllen Einsätze der Polizei gegen Schüler und Studenten in mehreren Städten in Deutschland.

Weitere und ausführliche Informationen zum bundesweiten Bildungs-Streik der Schüler und Studenten in Deutschland sind bei www.bildungsstreik.net zu finden.

Am 17. Juni 1953 wurden bei Aufständen gegen das totalitäre Regime in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) mehr als 100 Menschen durch Polizei und das Militär getötet. Rund 6.000 Menschen wurden verhaftet. Der Tag ging als Arbeiter-Aufstand oder als als Volks-Aufstand bezeichnet, in die Geschichte von Deutschland ein. Die Proteste im Jahr 1953 wurden von Schülern, Studenten und auch mehreren christlichen Gruppen unterstützt. Bereits damals wollten sich eine Vielzahl von Menschen gegen eine massive staatliche Repression (Unterdrückung) wehren. Im Osten Deutschlands wurde das Kriegsrecht ausgerufen und der Aufstand der Studenten, Menschen, Arbeitern und Bürger mit zum Teil brutalster militärischer Gewalt niedergeschlagen.

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