Saturday, July 11, 2009

Deutschland – FREI – EINIG und SOZIAL! oder Bin ich stolz ein deutscher Arbeitsloser zu sein?

Diesen Artikel habe ich bereits 2007 veröffentlicht. Er wurde auch Teil meines Buches "Abstellgleis Hartz IV -Die Unberührbaren der Nation". Da ich ihn heute fast aktueller empfinde, gerade im Vorfeld der Bundestagswahl, als damals, möchte ich ihn nochmals veröffentlichen.


Hans-Jürgen Graf, 2007

(neoliberale und kapitalistisch denkende Politiker, Wirtschaftsfunktionäre und Kirchenmänner und –
frauen bitte ich Abstand vom Lesen des Textes zu nehmen! Dieser hat ganz bestimmt Nebenwirkungen,
wie Übelkeit, Erbrechen und möglicherweise unkontrollierte Wutausbrüche. Da kann Ihnen dann auch
kein Arzt oder Apotheker helfen! Sollten Sie trotzdem darin lesen, übernehme ich keinerlei Haftung für die
Folgen!)


Heute ist wieder so ein Tag. So einer von den Tagen, an denen ich mich an gar nichts freuen kann. Morgens aufgewacht mit Schmerzen in den Gliedern, dass einem gleich wieder die Lust am Aufstehen vergeht. Aufgewacht mit dem Wissen, dass dies wieder ein Tag ist an dem ich nicht hinaus gehen werde, wieder in der Wohnung
bleibe. Vielleicht Musik höre, am Computer etwas schreibe oder Fernsehen gucke. Warum sollte ich auch hinausgehen? Warum? Die Welt dort draußen braucht mich nicht mehr. Nein, dort wartet keiner auf einen, der nicht mehr richtig laufen kann, dem nach kurzen Anstrengungen schon die Luft ausgeht und der mittlerweile kaum mehr aus seiner dunklen Welt der Depression herauskommt. Nein, den braucht dort draußen niemand mehr. Warum auch, es werden Menschen gebraucht mit Zuversicht, Elan und Durchsetzungsvermögen, strotzend vor Kraft und Jugendlichkeit. Denn sie werden verheizt in ihren Jobs. Solange verheizt bis keine Kraft mehr da ist und dann finden wir uns auf gleicher Ebene wieder. Dann sitzen auch die, die jetzt noch Arbeit haben zuhause, gefangen in einem Tal der Depression, Kraftlosigkeit und Perspektivlosigkeit und finden wie auch ich den
Ausgang nicht. Kein Schild, das darauf hinweist, keiner der einem den Weg weist.

Nein, eher noch solche die einen weiter hineindrücken. Denn, ein großer Politschwätzer unserer Zeit hat seiner Weltanschauung mit einem einzigen Satz massiv Ausdruck verliehen. Er sagte: „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen!“ Nun sitz’ ich hier an meinem PC und schweife gedanklich in die „besseren Zeiten“. Die Zeiten als ich noch arbeiten konnte und durfte, als man noch für seine Arbeit ein Gehalt, einen Lohn erhielt, mit dem man sein Leben bestreiten konnte und sogar noch was sparen konnte. Wie widerwärtig ich es finde, dass mittlerweile eine Zeit in Deutschland angebrochen ist, in der ich meine Erzählungen aus diesen Zeiten die ich selbst noch erlebte, beginnen kann mit „Es war einmal ...“. In diesen Zeiten waren Arbeitslose noch Arbeitslose, heute sind sie Verbrecher. Sie müssen unter staatliche Kontrolle gestellt werden, ihr Verhalten über Leistungssanktionierung geführt werden.
Damals durfte man als Arbeitsloser noch ein freier Mensch sein, heute ist man als Arbeitsloser einem politisch-wirtschaftlichem Führungs- und Leistungsappparat ausgesetzt. Arbeitslosigkeit wird mit der Einschränkung der Grundrechte bestraft, wie z. B. der Freizügigkeit im Bundesgebiet, der Unverletzlichkeit der Wohnung, dem
Selbstbestimmungsrecht usw. Arbeitslosigkeit ist in einer Zeit in der kaum mehr geeignete Arbeitsplätze zur
Verfügung stehen, zu einem Verbrechen geworden, so erscheint es doch jedem klar denkenden Menschen wenn er die „neu“ gestalteten Gesetze und Verordnungen zur Langzeitarbeitslosigkeit sieht. Welch ein Widersinn die Langzeitarbeitslosigkeit, die Erwerbslosigkeit, zu stigmatisieren in der Zeit in der keine Arbeitsplätze mehr zur Verfügung gestellt werden. Vorhanden sind sie meiner Ansicht nach schon, denn nach einer neuen Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg haben die Arbeitnehmer in Deutschland im Jahr 2006 insgesamt 1.450.000.000 Überstunden geleistet. Das entspricht nach Aussage der Forscher des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) einer Zahl von einer Million neuen Arbeitsplätzen. Diese würden zwar auch lange nicht reichen, aber so hättenwenigstens eine Million Betroffener Arbeit!!

Menschliche Arbeitskraft kostet zuviel, sie ist der unbeliebteste Produktionsfaktor in der Betriebswirtschaft. Nur, warum dann die Stigmatisierung Langzeitarbeitsloser zu Quasi-Verbrechern? Ihre fehlenden Bemühungen um einen Arbeitsplatz können es nicht sein, denn per Eingliederungsvereinbarung werden diesen Menschen zwischen 5 und 10 Bewerbungen pro Woche auferlegt, die sie erfüllen müssen. Sonst gibt es eine Leistungskürzung. Sind es vielleicht die Bestrebungen einer neuen politischen und wirtschaftlichen Ordnung, in der diese Menschen keinen Platz mehr haben? Fast möchte man meinen, dass die nachfolgenden Äußerungen Prominenter und sonstiger öffentlicher Persönlichkeiten, dies bestätigen:

„Bei einer Wette, bei der es um das Stapeln von Bierdosen ging, hatte Gottschalk wörtlich gesagt: "Bierdosen sind doch Hartz-IV-Stelzen" (aus: http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/Welt-Gottschalk-Hartz-IV;art118,1879659)

„Wohlfahrtsverbände fordern Kürzung bei Hartz IV“ (aus: http://www.flegelg.de/sozialverbaende.html)

„Parasiten-Vergleich in Hartz-IV-Flyer: Clement wegen Volksverhetzung angezeigt“ (aus: http://www.shortnews.de/start.cfm?id=593222)

„Als “extremistische Position” bezeichnen Gewerkschaften die Äußerungen des Chefs der Hamburger Arbeitsagentur (ARGE Hamburg). Herr Steil hatte sich für eine Reduzierung der Regelsätze für Hartz IV um die Hälfe ausgesprochen.“ (aus: http://hartz-iv-blog.de/2007/01/05/extremistische-position-von-herrn-steil-zu-hartz-iv/)

„SPD-Chef Kurt Beck fordert einen Mentalitätswechsel bei Hartz-IVEmfpängern hin zu mehr Anstand. Man müsse nicht “alles rausholen, was geht” (aus: http://www.jurablogs.com/de/mehr-anstand-bei-hartz-iv)

„In seiner letzten öffentlichen Äusserung sagte Herr Merz (CDU im Sonntagsgespräch bei Christiansen). "Endlich haben wir die Empfänger von Arbeitslosenhilfe, die als Frührentner das Leben genießen, abgeschafft" (aus: http://extern.mz-web.de/forum/read.php?f=52&i=9&t=9)

„Was für ein grandioses Missverständnis: "Der scheinbar brutalste Abbau staatlicher Stütze in der deutschen Sozialgeschichte entpuppte sich als ihr komfortabelster Ausbau." Weil nicht nur das "täuschend schäbig anmutende Arbeitslosengeld II von monatlich 345 Euro" geboten wird, sondern auch "ein ausgewuchertes System der Zusatzleistungen", kann es eine Familie mit zwei Kindern "auf monatlich fast 2.000 Euro bringen." Längst gebrochen sind die "Dämme der Scham." Millionen erkunden, "wie ein Platz an den Fleischtöpfen des Sozialstaats erobert werden kann." Und so "überspülen" die Zahlungen "den Bundesetat wie eine Tsunami-Welle."


All das schrieb im Mai Hans-Ulrich Jörges, stellvertretender Chefredakteur und Kolumnist des stern, in einer beispiellosen Polemik unter dem Titel Der Kommunismus siegt.

Ja, diese und andere Äußerungen bringen einem tatsächlich eine solche Sicht nahe, dass es sich wohl um ein Ausleseverfahren handeln soll. Eine Auslese, die die aus dem Boot fallen lässt, die als sogenannte Verlierer sowieso nicht „überlebensfähig“ sind. Tja, so scheinen wir als Langzeitarbeitslose nun Verbrecher zu sein. Solche Verbrecher, die sich an den „Fleischtöpfen des Sozialstaats“ überreichlich bedienen wollen. Es ist nur wiederum so lächerlich und schwachsinnig mit solchen Argumenten aufzufahren, wie in dem Stern-Artikel, weil ja die Regierung unter Schröder diese Hartz – Reformen, im besonderen die Vierte, einführte weil doch die „Fleischtöpfe
des Sozialstaats“ angeblich leer waren. Was sind sie denn nun? VOLL oder LEER?

An leeren Töpfen kann ich mich tatsächlich kaum überreichlich bedienen, oder? Nun, Verbrecher sind wir laut diesen Aussagen. Parasiten sind wir laut Herrn Clement und für Herrn Merz wurden die „Empfänger von Arbeitslosenhilfe, die als Frührentner das Leben genießen wollen“, abgeschafft. Hier beschleicht einen doch die Vermutung, dass diese Politiker und Personen öffentlichen Lebens, je länger das Mandat dauert, umso mehr an Intelligenzleistung einbüßen. Realisieren diese wirklich nicht, dass sie mit ihren Aussagen eine Argumentationstechnik aufgreifen, die vor über 60 Jahren bereits reichlich bedient wurde. Oder ist das, und ich wehre mich mit allen Kräften dies zu glauben, tatsächlich so gewollt? Ein Wunder wäre es
nicht, wenn man bedenkt, dass sich diese negativen, menschenverachtenden Gedanken und Meinungen zu Rassenunterschieden, dem Ober- und Untermenschen, ja seit Jahrtausenden nicht aus den Gehirnen der Menschen verbannen lassen. Ich will hier nicht orakeln, wer jetzt letztendlich dieses Gedankengut in die Gehirne der Menschen gebracht hat. Jedenfalls waren nicht nur die Nazis daran beteiligt, sondern meiner Ansicht nach ebenso die mittelalterliche Kirche bis in die Neuzeit hinein, als auch immer wieder Philosophen und Theologen, die wie z. B. ein Peter Singer in der heutigen Zeit, wiederum am Wert des menschlichen Lebens herumphilosophieren und letztlich dann Thesen gebären, wie „ein Wachkomapatient ist nicht mehr aktiv am Erwerbsleben der übrigen Gesellschaft beteiligt, trägt also nichts zu seinem Unterhalt bei, somit wäre es möglich dieses Leben aus wirtschaftlichen Erwägungen zu töten“.

Hier ein paar Auszüge aus dessen Schriften aus den 90er Jahren, zu finden unter:

http://www.uni-heidelberg.de/institute/fak5/igm/g47/bauersin.htm

„Zitat 5: Unsere heutige Haltung geht auf das Christentum zurück. Es gab eine spezifisch theologische Motivation für die Christen, die Wichtigkeit der Zugehörigkeit zur Spezies zu propagieren; es war der Glaube, alle von menschlichen Eltern Geborenen seien unsterblich und zu ewiger Seligkeit oder immerwährender Qual vorherbestimmt. Mit diesem Glauben bekam das Töten eines Homo sapiens eine schreckliche Tragweite, weil dadurch ein Wesen seinem ewigen Schicksal überliefert wurde. ...

... Tötet man eine Schnecke oder einen 24 Stunden alten Säugling, so vereitelt man keine Wünsche ..., weil Schnecken und Neugeborene unfähig sind, solche Wünsche zu haben.“

„Zitat 6:
Weit davon entfernt, sich für jedes Leben einzusetzen, ... zeigen diejenigen, die gegen Abtreibung protestieren, jedoch regelmäßig das Fleisch von Hühnern, Schweinen und Kälbern verspeisen, nur ein vordergründiges Interesse am Leben von Wesen, die zu unserer Spezies gehören. Denn bei jedem fairen Vergleich moralisch relevanter Eigenschaften wie Rationalität, Selbstbewußtsein, Bewußtsein, Autonomie, Lust und Schmerzempfindung und so weiter haben das Kalb, das Schwein und das viel verspottete Huhn einen guten Vorsprung vor dem Fötus in jedem Stadium der Schwangerschaft und wenn wir einen weniger als drei Monate alten Fötus nehmen, so würde sogar ein Fisch, ja eine Garnele mehr Anzeichen von Bewußtsein zeigen. Ich schlage daher vor, dem Leben eines Fötus keinen größeren Wert zuzubilligen als dem Leben eines nichtmenschlichen Lebewesens auf einer ähnlichen Stufe der Rationalität, des Selbstbewußtseins, der Wahrnehmungsfähigkeit, der Sensibilität etc. Da kein Fötus eine Person ist, hat kein Fötus denselben Anspruch auf Leben wie eine Person. Ferner ist es sehr unwahrscheinlich, daß Föten von weniger als achtzehn Wochen überhaupt fähig sind, etwas zu empfinden, weil ihr Nervensystem allem Anschein nach noch nicht genug entwickelt ist. Wenn das so ist, dann beendet eine Abtreibung bis zu diesem Datum eine Existenz, die überhaupt keinen Wert an sich hat. (Peter Singer: Schwangerschaftsabbruch und ethische Güterabwägung, in: Hans-Martin Sass (Hrsg.), Medizin und
Ethik. Stuttgart 1989/1994. S.139-159. Zitat S.154-155) „

„Zitat 8:
Würden behinderte Neugeborene bis etwa einen Woche oder einen Monat nach der Geburt nicht als Wesen betrachtet, die ein Recht auf Leben haben, dann wären die Eltern in der Lage, in gemeinsamer Beratung mit dem Arzt und auf viel breiterer Wissensgrundlage in bezug auf den Gesundheitszustand des Kindes, als dies vor der Geburt möglich ist, ihre Entscheidung zu treffen."


Diese Beispiele sollen nur dazu dienen, zu erkennen, dass diese Relativierung menschlichen Lebens in bestimmten Situationen bis heute kein Ende gefunden hat. Immer und immer wieder gibt es jemanden, der diesen Gedanken, diesem Feuer, Nahrung gibt. Nun jedenfalls scheint es doch etliche Freunde dieser „Auslesegedanken“ zu geben? In den Glanzzeiten der Naziideologie wurden ebenfalls „parasitäre Vergleiche“ genutzt um der Bevölkerung eine Minderwertigkeit bestimmter Menschen zu suggerieren. Es gab Berufsverbote, Bücherverbrennungen,
entartete Kunst, Sippenhaft, völkische Blutschande, ein Mensch anderen Aussehens, anderen Glaubens oder anderer Ideologie zu sein wurde kriminalisiert. An den Gerichtshöfen des Reiches urteilten nur noch systemkonforme Richter. Es begann die Ghettoisierung und dann die Transporte zu den Vernichtungslagern. Begründet wurde die Minderwertigkeit z. b. behinderter Menschen mit eben den Thesen in älterer Ausdrucksweise, die ich in den Ausführungen des Philosophen Peter Singer wieder finde. Nach dem Krieg fand eine sog. Entnazifizierung statt. Nur frage ich mich dann, warum arbeiteten Ärzte weiterhin als Ärzte die aktiv an der
Tötung „lebensunwerten“ Lebens beteiligt waren? Warum blieben Juristen im Amt, die Todesurteile auf der Basis der Nürnberger Rassengesetze fällten? Warum kamen sie sogar in leitende Positionen? Ein Grundpfeiler der nationalsozialistischen Ideologie - die Rassenhygiene - wurde von deutschen Ärzten aus den Ideen des Sozialdarwinismus (survival of the fittest) und der Eugenik mit- und weiterentwickelt. Das Ziel der Rassenhygiene war die "Erhaltung und Fortpflanzung der biologischen Rasse unter den günstigsten Bedingungen", die "Verbesserung" des Volksbestands durch die Mittel der "Auslese" und "Ausmerze". Rassenhygiene wurde Pflichtfach an den Universitäten, Fächer wie Eugenik und Wehrmedizin ersetzten traditionelle Gebiete wie Infektionslehre und Physiologie. Dazu wurde das in der Nazi-Zeit äußerst beliebte Medizinstudium - Medizinstudenten mussten nicht als Soldaten an der Front kämpfen - wegen des hohen Ärztebedarfs in den Kriegsgebieten immer stärker auf schließlich vier Jahre verkürzt.

„Vor 50 Jahren entließ der DDR-Ministerrat unter hoher Geheimhaltung Naziverbrecher vorzeitig aus dem Knast. Einige machten später in Westdeutschland Karriere - zum Beispiel Robert Herzer, ein besonders fleißiger Euthanasie-Arzt. Es war eine denkwürdige Sitzung, zu der sich der Ministerrat der DDR - heute vor 50 Jahren - am 22. Dezember 1955 traf. "Beschluss über die vorzeitige Entlassung von Kriegsverurteilten", stand als erster und wichtigster Punkt auf der Tagesordnung. "2.616 Kriegsverurteilte sind vorzeitig aus der Haft zu entlassen", verfügten die Minister zwei Tage vor Heiligabend. Die Aktion mit dem klangvollen Namen "Schmetterling" unterlag "erhöhten Sicherungsbestimmungen". Der Klassenfeind im Westen sollte offenbar nicht mitbekommen, dass die DDR, die sich der konsequenten Verfolgung von NS-Verbrechern rühmte, per Gnadenerlass entnazifizierte. "Eine Unterrichtung westdeutscher oder westberliner Polizeibehörden entfällt", hieß es in der "Arbeitsrichtlinie" der Schmetterlings-Aktion. Die Geheimhaltung war auch im Sinn der NS-Verbrecher. Sie konnten, wie das Beispiel
des Euthanasie-Arztes Robert Herzer aus Großschweidnitz zeigt, im Westen unbehelligt Karriere machen. Herzer, der als Häftling im Gefängniskrankenhaus Klein-Meusdorf bei Leipzig seit 1954 wieder als Arzt eingesetzt wird, geht in nach seiner Freilassung in den Westen. Beim Technischen Überwachungsverein Baden e.V. findet er einen neuen Job. Der Arzt hilft als freier Mitarbeiter beim Aufbau des des medizinisch-psychologischen Institutes in Mannheim. Das Institut beschäftigt sich mit der Frage, ob jemand, der beim dritten Mal durch die Führerscheinprüfung gefallen ist, überhaupt geeignet ist, Auto zu fahren. Dem TÜV verschweigt der Arzt seine NS-Vergangenheit. "Gerichtliche Strafen: keine", steht unter § VII in Herzers Personalbogen, den der Arzt unterschrieben hat. "Die Personalakte weist ausschließlich Zeugnisse auf, die die Leistungen von R. Herzer würdigen", schreibt die Presseabteilung in einer Stellungnahme an stern.de. "Insofern muss die TÜV SÜD AG heute davon ausgehen, dass dem TÜV Baden e.V. seinerzeit von Vorstrafen des R. Herzer nichts bekannt war".“ (aus: http://www.stern.de/politik/historie/:Aktion-Schmetterling-Der-Nazi-Arzt-T%DCV/551904.html) Sie sind für die kaltblütige Ermordung von hunderttausenden Menschen verantwortlich: Doch statt gerecht bestraft zu werden, wurden viele «Rassenhygieniker» nach dem Krieg mit verantwortungsvollen Posten «belohnt». Prof. Dr. Otmar von Verschuer half als «Rassenhygieniker» die NS-Rassenpolitik wissenschaftlich zu legitimieren - nach dem Krieg wird er Leiter des grössten humangenetischen Instituts in Deutschland.

Prof. Dr. Werner Heyde organisierte die Ermordung von fast 100'000 Kranken im Rahmen der so genannten «Euthanasie-Aktion» - nach dem Krieg arbeitet er als psychiatrischer Gutachter für die Justiz in Schleswig-Holstein. Dr. Klaus Endruweit war an der Ermordung von fast 2'000 Behinderten in der Tötungsanstalt Sonnenstein bei Pirna beteiligt - nach dem Krieg behandelt er in seiner Praxis Patienten, die nicht ahnen können, dass ihr Arzt Menschenleben auf dem Gewissen hat. Drei «Fälle», die exemplarisch zeigen, wie Ärzte durch Verschweigen, Verdrängen, Tricks, die Unterstützung der Gesellschaft und eine geschickte Standespolitik wieder Karriere machen konnten (Infos aus: http://www.20min.ch/week/tv/story/28960874#wichtig) Wenn ich nun so in meinen Gedanken versunken drüber philosophiere, warum wir Langzeitarbeitslose, Behinderte und chronisch Kranke in die Ecke der Verbrecher geschoben werden, bildet sich in mir immer klarer die Meinung heraus, dass wir „kriminalisiert“ werden sollen. Und die Kampagne, egal von wem sie jetzt ursprünglich stammt, zeigt ihre Wirkung. Viele Menschen, die noch Arbeit haben, die nicht mehr arbeiten müssen und die, die einen Batzen Geld auf der Seite haben, sehen uns als Kriminelle, als arbeitsfaules Pack. Heute immer noch, obwohl jedem mittlerweile klar sein müsste, dass es niemals mehr ausreichend Arbeitsplätze geben wird, werden einem Parolen ins Gesicht geschrien, wie „wer wirklich arbeiten will, findet auch eine Arbeit!“, oder „achwas von wegen Depression, Du bist doch nur zu faul zum Arbeiten!“.

Die Macher dieser Kriminalisierungkampagne von Langzeitarbeitslosen, behinderten und kranken Menschen, können sich freuen. Ihre Methode hat Erfolg. Sogar unter den Betroffenen wird Neid und Missgunst gesät und trägt Früchte. Was ist aus diesem Land geworden? Eine Brutstätte für neue sozialdarwinistische Bestrebungen? Ein Hort menschenverachtender und entwürdigender Gedanken? Fast schon will man es glauben, denn nicht nur die Politik verhält sich offen so, nein, auch die Kirchen erheben nicht das Wort dagegen. Gewerkschaften brummeln nur vor sich hin oder begeben sich auf die Seite der „Schlächter“. Die wenigen Intellektuellen aus Kultur, Justiz und den Medien, die dagegen Stellung beziehen, werden unter Regression genommen oder ihnen wird das berufliche Leben sehr schwer gemacht. Wer sind sie eigentlich, die „Schlächter“? Eine gute Frage! So klar sind sie nicht auszumachen, meiner Meinung nach, sie verstecken sich hinter den verschiedensten Fassaden der Bürgerlichkeit. Vielleicht sollte man sie nach einer kleinen Beschreibung versuchen zu entlarven? Schlachter kommt ja eigentlich vom Beruf des Metzgers her. Verwendet wird der Begriff aber eher in den großen Schlachthöfen, dort spricht man von „Kopfschlächtern“. Wohl daher, da sie nach Kopfzahl bezahlt werden oder wurden, also wie viel Viehköpfe sie am Schluss ihrer Tätigkeit vorweisen konnten. Wer je einmal in den Betrieb eines Schlachthofes hineinschauen konnte, durch die „Hintertür“, dem dürfte für einige Zeit der Appetit am Fleisch vergangen sein. Der Vorgang des Schlachtens ist in unserem Raum weitgehend gleich. Das betreffende Wesen wird „geschossen“, mit einem Bolzenschussapparat ins Gehirn, es wird ihm die Halsschlagader aufgeschnitten und es blutet aus. Manche dieser „Kopfschlächter“ (weil möglicherweise angelernt), beherrschen dieses „Schießen“ nicht richtig. So wird dann bei vollem Bewusstsein geschlachtet (ähnlich dem Schächten). Sicher wird der Eine oder Andere schon erkannt haben, worauf ich hinaus will. Es geht mir um die Methodik des Schlachtens, punktuell dem Ausbluten lassen. In der Politik, die ihre Blütezeit unter Schröder hatte, der Hartz – Reformen wird es immer stärker spürbar, dass auch für die Basis der Nation ein Ausblutungsprozess begonnen hat. Den einfachen Bürgern wird die Lebensgrundlage immer weiter verschmälert, den Wirtschaftskonzernen werden die damit erbeuteten Milliarden zugeschoben. Ich erwähne hier nur Einkommenssteuerreform – der in abhängiger Stellung arbeitende Steuerzahler hat weitaus weniger Möglichkeiten, seine Aufwendungen steuerlich geltend zu machen. Unternehmen sind durch die Reformen ihres Bereiches mittlerweile dort angelangt, dass sie kaum mehr oder manchmal überhaupt keine Steuern mehr zahlen müssen.

Medikamentenzuzahlungen, Krankenhauszuzahlung, Verkürzung der Rehabilitationszeiten (Kuren), Herausnahme von Medikamenten aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung. Beschneidung des
Hilfsmittelkatalogs für orthopädische Hilfsmittel, Eigenbeteiligungen bei Medikamenten- oder Hilfsmittelpreisen, die die Preisvorgaben der GKV übersteigen, usw. Jedoch in der Folge KEINE Beitragsentlastungen, NEIN, Beitragserhöhungen oder Stagnation bei der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Seit Jahren andauernde Nullrunden bei den Renten, 2007 lediglich eine schmale Erhöhung für die Rentner, was sich bei den rentenentwicklungsabhängigen Regelleistungen aus ALG II und Sozialhilfe lediglich mit 2 Euro auswirkte. Jedoch
Entlastung der Unternehmen bei den Sozialabgaben zu Lasten der Arbeitnehmer. Nun, auch bei der Umstellung von DM auf Euro haben, so meiner Meinung nach, der Einzelhandel und seine angeschlossenen Unternehmen sehr deutlich die Verbraucher zur Kasse gebeten. Die Preisentwicklungen der letzten Jahre seit 2000 haben bisher keinerlei Berücksichtigung gefunden, weder in der Lohnpolitik, noch in der Rentenpolitik und im sozialpolitischen Bereich schon gar nicht. Die Schlagader der Nation wurde eröffnet. Verfolgt den Fluss des Blutes und Ihr
findet die „Schlächter“. All diese Methoden erscheinen geeignet, eine tatsächliche Auslese herbeizuführen. Die neu vorgenommene Kapitalverteilung im Lande führt zur Polarisierung. Die Kluft zwischen Arm und Reich wird erheblich erweitert. Wenige reiche Menschen haben bis zu 80 % des Kapitals auf ihrer Seite. Der Rest schlage
sich gefälligst durch wie er kann. Schafft er’s, gut. Schafft er’s nicht, Pech gehabt. Betrachte ich nun aber noch die Entwicklung in der Handhabungspraxis der neuen Sozialpolitik und – gesetzgebung, dann scheint sich ein neues Schlachtfeld aufzutun. Mit der Einführung der Zusammenschlüsse von Bundesagentur für Arbeit und den
kommunalen Behörden (ARGE, Job-Center usw.) kristallisiert sich eine neu geschaffene, rechtlich scheinbar autonome Szene heraus. Eine Vielzahl von Beispielen aus den Foren der Erwerbslosen im Internet, von Betroffenen, beweist dass sich diese neu geschaffenen Institutionen wohl als rechtlich autonom betrachten müssen. Trotz teilweise sehr klarer gesetzlicher Vorgaben, wie z. B. beiden Kosten der Unterkunft, handhaben diese ihre Anerkennungspraxis der Kosten nach eigenem Gusto. Es werden die Nebenkosten für die Wohnung gedeckelt, pauschaliert und das anhaltend und immer wieder, obwohl bereits Sozialgerichts- und
Landessozialgerichtsurteile vorliegen, die dies verbieten. Einige Verfassungsrechtler und auch Bundesrichter haben ihre Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von Sanktionen, dem Regelsatz und auch der Eingliederungsvereinbarung, laut gemacht. Doch anstatt zumindest über so etwas
nachzudenken, wird die Praxis beibehalten und der Gesetzgeber sieht keinerlei Veranlassung zu reagieren.
Irgendwie beschleicht mich hier ein Verdacht. Der Verdacht, dass diese Handhabungspraxis so gewollt ist. Man will wohl ganz bewusst einen bestimmten Personenkreis der Gesellschaft ausgrenzen, aushungern. Und dies zum Wohle eines viel kleineren Kreises der „ehrenwerten“ Gesellschaft, der Wirtschaftskonzerne. Warum eigentlich? Warum wird nicht versucht eine jährliche Steuerverschwendung von knapp 30 Milliarden Euro (Bund der Steuerzahler) einzudämmen?

Warum wird nicht konkret gegen die Korruption, die meiner Ansicht nach auch in den Kreisen des Bundestages angesiedelt ist, vorzugehen? Warum wird eine Parteinahme der Abgeordneten, Minister und anderen Parlamentarier erlaubt durch Nebenbeschäftigungen der jeweiligen Politiker in Vorstandsetagen, Aufsichtsräten und Beraterstäben von führenden Wirtschaftsunternehmen? Eine Gewissensfreiheit des jeweiligen Volksvertreter stelle ich da zumindest in aller schärfster Form in Frage. Wie wird sich wohl ein Parlamentarier entscheiden, der der Duz-Freund ist von einem Aufsichtsrats- oder Vorstandsmitglied von Siemens, als Beispiel? Der mit demjenigen zum Jagen, Fischen, in den Urlaub fährt? Arbeitslosigkeit als Verbrechen; so stellt es sich zumindest in der Öffentlichkeit dar. Die Gründe habe ich vorher ja schon dargelegt. Nun frage ich mich, wo finden die tatsächlichen Verbrechen, Vergehen statt? Wer ist derjenige, der dem Staat mehr Schaden zufügt? Derjenige, der Leistungen beantragt, die ihm laut Gesetz zustehen, oder derjenige der seine Gewissensentscheidungen abhängig macht vom Zuwendungswillen der Lobbyisten? Der sich entscheidet, nach Höhe der Zuwendung und nicht nach dem Ergebnis der Folgenabwägung einer Entscheidung und seinem Gewissen? „Freies Mandat In der Bundesrepublik Deutschland gilt wie in allen anderen repräsentativen Demokratien der Grundsatz des freien Mandats. Die Abgeordneten gelten als Vertreter des ganzen Volkes. Sie sind daher nicht an Aufträge und Weisungen ihrer
Wähler und ihrer Partei gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.“ (aus: http://www.bund.de/nn_2840/Microsites/Deutsche-Demokratie/Parlament/Bundestag/Abgeordnete/Abgeordneteknoten.html__nnn=true)

Ganz sicher will ich hier nicht alle über einen Kamm scheren, ich bin überzeugt davon, dass es durchaus Abgeordnete gibt, die diesen Grundsatz beherzigen und noch danach handeln. Meiner Ansicht nach findet jedoch in der Bundesrepublik Deutschland eine langsame, aber nachhaltige Werteumkehr statt. Hehre Ziele, wie z. B. ein soziales und gleichberechtigtes Deutschland zu schaffen, in dem Menschen jeglicher Couleur, jeglichen Glaubens, jeglicher Weltanschauung, jeglicher körperlicher Konstitution, ein gleichberechtigtes Leben führen können, wirklich ausgestattet mit gleichen Rechten, verlieren ihre Gültigkeit. Es wird nicht mehr nach menschlichen Grundzügen entschieden, dem Diktat des Kapitals wird gefolgt. Vor über 40, 50, 60 Jahren war es wenigstens noch verbreitet so, dass sich die Menschen in nachbarschaftlicher Zusammenarbeit geholfen haben. Ich erinnere mich an meine Kindheit. Hier war es für die Familien in unserem Dorf selbstverständlich, wenn eine Mutter ins Krankenhaus musste oder ein älterer Mitbürger Hilfe brauchte, ihm diese zu geben. Nachbarn kümmerten sich um die Familie, die Kinder, versorgten sie mit Essen oder wuschen die Kleidung. Sie gingen einkaufen für die Alten, brachten denen notwendige Lebensmittel mit. Diese freiwillige soziale Verantwortung, die die Menschen auf sich nahmen wurde durch kostenpflichtige Angebote von entsprechenden Hilfsdiensten übernommen. Was zuerst einmal nicht schlecht ist wenn man es auch bezahlen kann oder diese Leistungen von sozialen Trägern übernommen werden.

Durch die zunehmende Zahl von solchen kostenpflichtigen Angeboten wurde jedoch das soziale Gewissen der Bürger geschwächt. Jetzt brauchte sich niemand mehr um seinen Nachbarn kümmern, denn jetzt gab es ja die Hilfsdienste. Auch bis hierher noch keine große Negativität zu erkennen. Diese kommt erst dann, wenn eben Sozialleistungen gekürzt werden, den Menschen die Hilfe brauchen, die Möglichkeit zur Hilfe genommen wird durch fehlende Übernahme bei sozialen Trägern, wie Sozialamt, ARGE, Krankenversicherung und Pflegeversicherung. Diese Leistungen werden nur noch begrenzt gewährt und dann auch noch zu Sätzen von denen die Anbieter dieser Leistungen keinesfalls leben können. Mittlerweile ist es in diesem Dienstleistungsbereich auch so, dass Sozialkonzerne in Deutschland, wie z. B. die AWO, die CARITAS, die DIAKONIE diese Dienstleistungen an sich gezogen haben und sie von ehemals Zivildienstleistenden, und mit deren abnehmender Zahl, zunehmend von 1-Euro-Jobbern erledigen lassen. Wobei die Qualität der Leistung stark nachgelassen hat, die Preise dafür jedoch stark angezogen haben. Die Abschaffung, Streichung von sozialen Leistungen ohne einen entsprechenden Ausgleich zu schaffen kommt, meiner Ansicht nach, einer gefährlichen Körperverletzung gleich. Im Besonderen bei Menschen, die selbst keinerlei Augleich schaffen können, wie z. B. Behinderte, chronisch kranke Menschen, die im Bezug von Sozialhilfe oder ALG II stehen. Doch interessiert sich kein Verantwortlicher, der für die Einführung dieser Leistungsstreichungen gestimmt hat, für solche Ausgleiche noch für die Problematiken die diesen Menschen daraus entstehen.

Und da wundern sich die Politiker über Politikverdrossenheit im Lande? Politikverdrossenheit ist das nur noch in den allerwenigsten Fällen. Mittlerweile ist es bereits Hass, Zorn auf diejenigen die uns alles nehmen wollen und nichts mehr zurückgeben. Ausgrenzung, Benachteiligung bis hin zu den schlimmsten Folgen; ist das die heutige Sozialpolitik? Ich möchte hier einmal einen kleinen Rückblick in die jüngste Vergangenheit Deutschlands machen. In Zeiten kurz vor und nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland. Dies mache ich anhand von Slogans der jeweiligen Jahrzehnte, die vielleicht noch einige so in den Ohren haben und die ein wenig in die Mentalität, Denkweise der jeweiligen Zeit blicken lassen:

„Wir sind noch einmal davongekommen“, „Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!“ tönte es in den Straßen der Nachkriegsjahre 1945-49. Solche und ähnliche Slogans sollten damals die wirkliche Überzeugung vieler Menschen ausdrücken. Kommend aus einer Zeit der Barberei und des Massenmords wollten sie keine derartigen Geschehnisse mehr, nein! Es musste endlich ein Ende haben, ein Ende der Gewalt, der Benachteiligung, der Erniedrigung, des Meuchelns, des Tötens. Eine neue Freiheit des geschundenen Geistes sollte den Weg frei machen für Gemeinsamkeit, Verantwortung miteinander und für eine gewaltfreie Welt. Viele dachten, dass die vergangenen Schrecken so fürchterlich waren, dass sie das Kommen neuer Schrecken verhindern könnten. Doch keiner glaubte, sich zu irren. „Einigkeit und Recht und Freiheit“, „Auferstanden aus Ruinen“, „Tor Tor Tor - Das Spiel ist aus, Deutschland ist Weltmeister!“ und „Wohlstand für alle!“ (Ludwig Erhard) drückten diesen Freiheits- und Wohlstandsgedanken, diese Hoffnung auf ein neues, unbelastetes Leben, in den 50ern, aus. Ja, Deutschland ging es wieder gut. Das Wirtschaftswunder entfaltete seine Wundertätigkeit und die schwäbische Mentalität „Schaffe, schaffe Häusle baue und nit nach de Mädle schaue!“ griff bundesweit um sich. Nun gut, „nach de Mädle hebbe mer scho gschaud, gell!“

Aber wichtig war es für viele Bundesdeutsche, sich ein eigenes Heim zu schaffen. Dafür wurde gearbeitet, geschuftet und das Volk brachte Deutschland wieder auf einen Kurs, der von der Weltgemeinschaft nicht unbeachtet bleiben durfte. „Made in Germany“ war das anglistische Zauberwort! Was in Deutschland produziert wurde, hatte Hand und Fuss. Das gab den Deutschen wieder Hoffnung, Zuversicht, Mut und Durchhaltevermögen. Man war wieder wer, man durfte wieder jemand sein. Von der Generation der Trümmerfrauen, der wir sehr viel verdanken bis hin zum „neu“ geschaffenen deutschen Beamtentum durfte sich der Deutsche wieder Deutsch nennen, wenn auch immer mit der kleinen Entschuldigung gepaart, einer zu sein. Der 17. Juni 1953 darf hier nicht unerwähnt bleiben. Der grosse Volksaufstand vom 17. Juni 1953 wurde am selben Tage noch weitgehend niedergeschlagen; dies wohl aufgrund der schnell einmarschierten sowjetischen Truppen, ohne die die SED die Kontrolle über die Geschehnisse mit Sicherheit verloren hätte. Die letzten kleinen Unruhen, die im direkten Zusammenhang mit den Ereignissen vom 17. Juni 1953 standen, gab es am 15. Juli in einem Kupferbergbau in Helbra. Die Forderungen des 17. Juni 1953 sollten aber erst 37 Jahre später in Kraft treten.

„Brüder und Schwestern in der Zone“, „Politik der menschlichen Erleichterungen“, „Die Partei, die Partei, die hat immer recht“ und „Ish bin ein Bearleener. (Originalschreibweise der Redevorlage von J.F.Kennedy)“, Bildung ist Bürgerrecht“. hallten durch die 60er. Die Goldenen Zeiten nahten ihrem Ende so könnte man meinen, mit der 68er Bewegung und Woodstock? „Freies Denken“, „Freie Drogen“ und die „sexuelle Revolution“ erschütterten die Grundfesten der jungen Republik. Ein Aufbruch in eine neue Zeit, frei von gedanklichen Zwängen, frei von Konventionalität und biederer Lebensart, sollte der Segen für die Zukunft sein. Die kollektive Trotzreaktion der Jungen hieß „Flower Power“ und „Kommunismus“. Ein wahrhaft „rotes Tuch“ für die Politiker der westlich-liberalen Hemisphäre. In den U.S.A. wurde Liebäugeln mit dem Kommunismus gleichgesetzt mit Hochverrat. In dieser Ära fanden Bestrebungen und ein Gedankengut wieder einen Höhepunkt, welches bei uns allen die Alarmglocken hätte läuten lassen müssen. Die Bürgerrechtsbewegung der Afro-Amerikaner unter Dr. Martin Luther King jr. krönte ihren Siegeszug mit dem Marsch auf Washington, bei dem Hunderttausende sich vor dem Lincoln-Memorial versammelten. Begleitet wurden diese Veranstaltungen immer wieder von Gewaltverbrechen an den afro-amerikanischen Mitbürgern, die ihren Gipfel im tödlichen Attentat auf Dr. Martin Luther King jr. fanden. Bis heute sticht hier eine Vereinigung ins Auge und ist sicher ein großer Wegbereiter rassistischen Gedankenguts, der Ku-Klux-Klan in den Vereinigten Staaten von Amerika. Bereits hier hätte man merken können, dass das Gedankengut der Nazi-Vergangenheit niemals selbst Vergangenheit wurde. Doch, wollte man es eigentlich merken?

„Mehr Demokratie wagen“, „Zwei Staaten, zwei Nationen (Honecker 1972)“, „Freiheit statt Sozialismus“, „Friede den Hütten, Kampf den Palästen“, „Wenn Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht“, „Angst essen Seele auf“, „Stoppt Strauß“, „Wir haben die Erde von unseren Kindern nur geborgt.“, „Bums mal wieder!“ Die 70er Jahre, ein Jahrzehnt der pubertären Republik. Man merkte so richtig, wie eine Nation durch ihre Jugend lernte, was Widerstand wirklich bedeutet. Den „Mächtigen“ zeigen, dass man nicht mit allem einverstanden ist, was getan wird. Aber auch ein Jahrzehnt mit bittersten Erinnerungen. Deutschland machte Bekanntschaft mit dem Terrorismus. In dieser Zeit geschahen viele Dinge so kurz aufeinander, dass man eigentlich nicht mehr erkennen konnte, was gut, was böse ist. Von der „neuen Ostpolitik“ über die Olympiade in München, Franz Beckenbauer, die RAF, den Linksterrorismus bis hin zur „Auschwitzlüge“, der „Gefahr von Rechts“ und den „Müslis“ waren alle Schattierungen gesellschaftlichen „Expressionismus“ vorhanden. Von politischer Seite wurden, meiner Meinung nach, spätestens hier entscheidend die Weichen in den Neoliberalismus gestellt. Es ist die Zeit der Koalitionen zwischen SPD und FDP, als auch CDU und FDP. Nun, warum sollten Liberale nicht auch Neoliberale werden?

„Oggersheimer Demokratie“, „Krieg der Sterne“, „Man spricht deutsh“, „Gib Aids keine Chance!“, „Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort!“, „Das Boot ist voll.“ „Auch drüben ist Deutschland“, „real existierender Sozialismus“, „Nazis verpißt euch, keiner vermißt euch (Bullen, Linke)“. So hallte es durch die 80er Jahre. Ja, die 80er, eine Zeit von Parteispendenaffären, universeller Kriegsführung und einer Konfrontation mit dem Sozialismus auch im eigenen Land. Und immer wieder klingt die Auseinandersetzung mit einer Vergangenheit durch, die wir alle so gerne einfach vergessen würden. Aber diese Vertreter einer menschenverachtenden und widerwärtigen Ideologie sind immer noch da. Sie kommen immer wieder aus ihren Löchern und gröhlen ihre Parolen durchs Land. Doch, warum eigentlich? Warum sind sie nicht längst verschwunden? Das Verbot der Vorreiterpartei in dieser ideologischen Volksvergewaltigung, der NPD, will einfach nicht gelingen. Die „Wehrsportgruppen“ scheinen so organisiert zu sein, dass auch gegen sie kaum eine rechtliche Handhabe möglich ist. Ist der neue, repräsentativ demokratische Staat die B. R. D. nicht in der Lage dieser Volksverhetzung ein Ende zu machen? So scheint es jedenfalls. Hier muss aber auch die Frage erlaubt sein, ob denn wirklich auch immer der richtige Wille hinter dem Vorhaben stand? Gab es vielleicht Fehler im Vorgehen, durch Unterschätzung, durch Phlegmatismus dem Thema gegenüber? Oder vielleicht sogar eine gewisse Sympathie von einzelnen Volksvertretern? Unser damaliger großer Bundeskanzler, Dr. Kohl, glänzte in seiner Paraderolle als eingebildeter Kranker mit einer sogenannten kurzzeitig auftretenden partiellen Amnesie. Sie trat gerade dann auf, wenn es um die Namen derjenigen ging, die seiner Partei und ihm reichlich monetäre Zuwendung schenkten und wird landläufig als „Black-Out“ bezeichnet. Nun, ich hoffe er ist mittlerweile davon genesen. 1989 der Fall der Mauer. Ein Aufblühen an Hoffnungen, guten Gedanken und ein Gefühl wie Weihnachten, Ostern, Geburtstag zusammen.

„Das geht alles seinen sozialistischen Gang“, „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“, „Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört. (Brandt)“, „Wir sind das Volk!“, „Wir sind ein Volk!“, „Demokratie, jetzt oder nie!“, „Wir sollten nett zu den Deutschen sein. (Margreth Thatcher 1990)“, „Kein Anschluß unter dieser Nummer! (gegen den Zusammenschluß nach Art. 23 GG)“, „blühende Landschaften“, „ Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!“, „Ich bin stolz, Deutscher zu sein“, „fun generation“. Nun das Jahrzehnt, in dem sich doch sehr deutlich zeigte, was von den Worten unserer Politiker zu halten ist. Aus den „blühenden Landschaften“ wurden trostlose Steppen. Nicht so richtig begriffen wir, dass wir zusammen gehören. Wer will es uns aber auch verübeln, die Politiker trugen jedenfalls dazu kaum bei, dass ein wirkliches Zusammengehörigkeitsgefühl zwischen den alten und neuen Bundesländern entstand. Nun, Demokratie, wo ist der große Rest? Auch hier finden sich wieder die Gröhllaute der Rechten und sie werden immer lauter. Nein, in den 90er Jahren flauen sie nicht mehr so ab, wie in den Jahren vorher. Sie bleiben auf einem Grundton und werden nach der „Jahrtausendwende“ noch lauter. Die rechtsradikale Bewegung sieht scheinbar aufkommende Möglichkeiten? Die Zahlen der letzten Wahlen geben ihnen zumindest teilweise Recht, wenn auch Protestwähler sie wählen. Allerdings wage ich an der Intelligenz des Menschen zu zweifeln, der aus Protest rechts wählt. Unsere ehemaligen „West“politiker haben ein neues Feindbild ausgemacht, die PDS, die Linke. Hierüber vernachlässigen sie, wie allzu oft in der Vergangenheit, die Aufmerksamkeit gegenüber rechts. Nun, allzu viel brauche ich jetzt über die 90er nicht mehr zu schreiben. Die meisten Leser haben sie ja selbst noch erlebt. Vielleicht kommen bei einigen von uns Älteren, bei der Erinnerung an die jeweiligen Jahrzehnte, doch einige Gedanken auf. Ich möchte meine nochmals in Form von Fragen aufgreifen.

· Warum ist es in einem Staat, wie der B.R.D., nicht möglich rechtsradikale Organisationen ein für allemal zu verbieten?

· Warum wird einer Werteumkehr, wie wir sie momentan erleben, nicht Einhalt geboten?
- Gerade angesichts der Tatsache, dass die B.R.D. die
Menschenrechtserklärung unterschrieben und ratifiziert hat (in einer älteren Form als der aktuellen).
- Gerade auch angesichts der weiteren Tatsache, dass die
Regierenden der B.R.D. die EU-Sozialcharta unterzeichnet haben.

· Warum wird wiederum eine der schwächsten Bevölkerungsgruppen in diesem Land (keine Lobby!) kriminalisiert?

· Warum dürfen Politiker, die sich als Demokraten bezeichnen uns gleichsetzen mit Ungeziefer, Parasiten?

· Warum werden solche Vorfälle, trotz mehrfach eingegangener Strafanzeige gegen die betreffende öffentliche Person, nicht verfolgt?

· Warum dürfen Institutionen wie die ARGEn, Job-Center usw. Grund- und Menschenrechte verletzen, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden?

· Warum werden fast alle Beschwerden, die darüber bei den
Kontrollinstanzen (Bezirksregierungen) eingehen, mit dem Satz abgehandelt: „Das Vorgehen der/des ....................... ist gesetzeskonform“?

· Warum werden Behinderte, chronisch kranke Menschen in Deutschland behandelt, als hätten sie kein Recht mehr auf ausreichende medizinische Versorgung (Heil- und Hilfsmittel werden von ARGEn nicht gewährt)?

· WARUM WIRD ÜBER TODESOPFER, DIE DIE HARTZ IV REFORM BEREITS MEHRFACH GEFORDERT HAT, EINFACH WORTLOS HINWEG GEGANGEN?

· Warum sind wir Euch Politikern und Konzernchefs so ein Dorn im Auge?


Nun, mit Antworten auf meine Fragen rechne ich nicht. Unser einziges Vergehen liegt darin, keine Arbeit mehr zu haben oder nicht mehr arbeiten zu können. Doch dies scheint den Gewaltigen der Republik schon Grund genug, uns zu schikanieren wo es geht. Nicht umsonst drückte es uns der Oberindianer aus Berlin so treffend in einem
einzigen Satz aus. In einem einzigen Satz brachte er die Sozialpolitik der Vorregierung und die seiner Legislaturperiode auf einen Nenner: „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen!“. Spätestens hier hätte uns klar sein müssen, dass diese Mentalität keinen Platz in einem demokratischen Gemeinwesen hat. In einer Demokratie, die besonderen Wert darauf legte eine soziale Marktwirtschaft zu haben. Eine Marktwirtschaft, in der Menschlichkeit noch einen kleinen Platz hatte, Behinderung noch als Handicap mit notwendigen Nachteilsausgleichen gesehen wurde, Krankheit noch Krankheit war. Aber die Zeiten scheinen längst vorbei zu sein. Die Politik der letzten knapp 20 Jahre hat, meiner Meinung nach, besonders im sozialen Bereich und der Arbeitsmarktpolitik, viele Hoffnungen zerstört, viele Existenzen ruiniert. Die Verantwortlichen jedoch glauben, sie können so weitermachen. Nun, wenn das Volk das weiter so mit sich machen lässt, dann ja. Und genau das scheint wohl deren Hoffnung dort oben zu sein? Ein Volk, unschuldig in politischen Themen, begrenzt in seinem Intellekt (P.I.S.A.) und hoffend auf den sozialen Erlöser der den Kampf alleine führt und uns alle siegreich aus Fron und Bitterkeit erlösen wird. Nun, selbst bei den Musketieren lautete das Motto „Einer für alle, alle für einen!“ und nicht „Einer für alle und der Rest wartet dann mal ab“! Es ist sehr schwer, sich aus der Lethargie langer Arbeitslosigkeit und vielleicht schon einige Zeit andauernder Unterdrückung, dem erlebten Mobbing und allen anderen erlebten Benachteiligungen zu lösen. Das ist klar, dagegen muss ich selbst auch sehr ankämpfen und an manchen Tagen gelingt es mir absolut nicht. Aber wenn wir uns nicht wehren, dann wird es weiter bergab gehen für die Armen und Benachteiligten in diesem Land.
Dann wird die Kluft zwischen Arm und Reich so groß werden, dass es keine weitere Spanne mehr geben wird. Es scheint, von den Wirtschaftskonzernen und den neoliberalen Politikern so gewollt zu schein, dass eine Auslese stattfindet. Die Schwachen bleiben auf der Strecke. Aber gerade für die Schwachen, die oft genug nicht selbst an ihrer Schwachheit Schuld tragen, sollen wir einstehen. Gerade für diese sollen wir unsere Stimmen erheben, gerade für diesen müssen wir schreien:

STOP! So geht’s nicht weiter, nicht mit uns!

Denn wer sind denn die Schwachen in unserer Gesellschaft? Die Kinder zuallererst, für sie tragen wir alle die Verantwortung. Die Verantwortung für ihre Leben, Ihr Fortbestehen und ihre Zukunftschancen. Ein jeder von uns. Dann kommen die Behinderten, chronisch Kranken und Alten. Viele der Behinderten und chronisch Kranken tragen immer noch ihren Teil zur Leistungsfähigkeit unserer Gesellschaft, den Teil den sie beitragen können und mehr müssen sie nicht. Die Alten haben ihren Teil bereits beigetragen. Sie müssen einen Lebensabend in Ruhe, Frieden und sozialer Sicherheit erleben können, das sind wir ihnen schuldig. Was ist eigentlich losmit uns? Sind wir so sehr mit uns selbst beschäftigt, dass wir nicht mehr erkennen können, dass auch andere leiden, benachteiligt werden und um ihre Existenz kämpfen? Fühlen wir uns selbst so allein gelassen, dass wir es als legitim empfinden, die anderen alleine zu lassen? Was ist los mit dieser Nation? Sehen wir doch mal in die Fernsehapparate, die ja angeblich ihr Programm nach den Zuschauerquoten ausrichten. Also nach den Programme, die von den meisten Zuschauern gesehen werden. Wenn ich dann sehe, was so gesendet wird, dann frage ich mich:

Treibt uns der Hunger dazu, dass wir auf jedem Sender mittlerweile mindestens eine Kochsendung brauchen?
Sind wir bereits soweit in die Isolation abgeglitten, dass wir uns Talk-Shows mit gekauften Schauspielern ansehen müssen, die irgendwelche Themen diskutieren die die Welt beschäftigen, wie z. B. „Mein Kater furzt mindestens
dreimal am Tag, trägt er zur Klimaerwärmung bei und soll ich ihn deswegen einschläfern lassen“? Brauchen wir gestellte Justizfälle, die im Fernsehen verhandelt werden, weil wir vielleicht nicht selbst genug Kacke am Dampfen haben? Sind wir so sensationsgeil und lüstern nach Skandalen, dass sogar Sendungen eingerichtet werden, in denen wohl auch Schauspieler vor der Kamera die wüstesten Geständnisse ablassen? Nun, ich kann keine Antwort darauf geben, die kann sich jeder nur selbst geben. Mir macht so was Angst. Angst davor, dass der Bürger der sich dieses Medienangebot reinzieht, nicht mehr offen sein kann für wirkliche Themen, die uns alle betreffen. Lieber Leser, ziehe selbst Deine Schlüsse aus meinen Gedanken und Schilderungen. Beziehe Position wo Du stehst. Die Entwicklungen der letzten Zeit zeigen, meiner Ansicht nach, sehr offen wohin die zukünftige Politik- und Wirtschaftsordnung gehen soll. Ich möchte hier gar nicht auf die Situation mit unserem Innenminister Herrn Schäuble eingehen. Darüber kann man ein eigenes Buch schreiben. Wir haben in diesem Land und auf diesem Kontinent eine Grundordnung vor langer Zeit installiert, die wir, ohne jetzt religiös oder einseitig weltanschauend werden zu wollen, als menschlich, humanitär bezeichnen können. Diese wurde immer wieder umgangen und außer Kraft gesetzt von Rosstäuschern und Wahnsinnigen. Diese Werteordnung darf nicht fallen. Nun, ich denke es ist Zeit dass das Volk zeigt dass es Souverän ist. Souverän des Staates. Dazu dienen die nächsten Wahlen, dazu können Petitionen dienen, Eingaben jeglicher Art an jegliche staatlichen Institutionen. Friedliche Protestaktionen, Trauermärsche für die Verstorbenen, ziviler Ungehorsam usw. Rafft Euch dazu auf, die freiheitlich demokratische Grundordnung zu verteidigen.

Wir haben nur dieses eine Deutschland, es liegt an uns es zu restaurieren und dann zu erhalten.

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